Erste Segelfliegerin Österreichs – Interview vom Magazin Klipp im März 2002
Bei einem Bacardi Breezer, den sie auf den Tisch stellt, lässt es sich leichter plaudern. Und gemütlich setzt sich Käthe Eberl dazu. Eine Dame, die aussieht wie höchstens achtzig, erzählt wie eine junge Frau und hat doch schon über 95 Jahre hinter sich gebracht.
Und so ganz nebenbei ist sie die erste Frau in Österreich, die einen Flugschein gemacht hat. Zu einer Zeit, als dieser Bereich noch ausschließlich vom männlichen Geschlecht dominiert war. Bescheiden meint sie: “Eigentlich steht es mir ja gar nicht zu, viel darüber zu reden. Ich habe es ja aus Freude gemacht.”
Im Jahre dreißig hatte sie sich das erste Mal in die Lüfte gewagt. Gemeinsam mit ihrem Mann ging sie zur Akaflieg in Graz. “Wir haben natürlich beide arbeiten müssen und sind nur am Wochenende zum Fliegen gekommen. Aber wir haben von einem Sonntag zum nächsten gelebt.” Die Fluggefährte von damals waren noch ein wenig anders anzusehen als heute. Zweisitzer gab es nicht. Man saß wie ein Propeller vorne auf der Maschine und manche Flüge dauerten nicht länger als 15 Sekunden. Auch die Abflugart war eine andere. Während heute die Segelflugzeuge meist nach oben geschleppt werden, wurden sie in den 30ern wie ein “U-Hakerl” in die Luft geschossen. “Der Flieger war an einem Gummiseil befestigt. Links und rechts sind zwei bis drei Männer gestanden und haben daran gezogen. Dann rief einer ‚Los‘ und das Seil wurde losgemacht”, erinnert sich die Steirerin. Braucht wohl gute Nerven! Dass sie die erste Frau im Männerfeld war, bekam sie nie unangenehm zu spüren. Im Gegenteil: “Die jungen Studenten von der Akaflieg waren alle vollkommen kameradschaftlich zu mir. Ich habe nie gespürt, dass ich nicht dazugehöre. Gerade im Nachhinein bewundere ich das.”
Leider dauerte die “fliegende” Zeit für die agile Pilotin nicht länger als bis ins Jahr 1938. Als der Krieg kam, ist ihr Mann eingerückt. Ein jahrzehntelanges bewegtes Leben folgte. Acht Jahre lebte die Familie mit vier Kindern in Peru, vier Jahre lang in Mexiko, bis sie schließlich wieder in die Grüne Mark zurückkehrte. Heute lebt Käthe Eberl nach dem Tod ihres Mannes in Graz, doch ihre Kinder sind überall am Erdball verstreut, und sie besucht sie regelmäßig. “Ruh” gibt sie noch immer nicht. Obwohl sie lange nicht geflogen ist, wagte sie sich vor rund 10 Jahren noch einmal in die Luft. Auch heute würde sie ohne weiteres wieder fliegen. “Es reizt mich schon sehr.” Und bevor sie bald nach Uruguay abzischt, um ihren Sohn zu besuchen, wird noch schnell ein eventueller Flugtermin mit dem Obmann der Akaflieg besprochen. “Vielleicht ist es im Frühjahr möglich, denn ich möchte furchtbar gerne wieder fliegen”, erzählt die 95-jährige Steirerin.
[AT]